Letzte Chemo

7 Tage später sollte die letzte Chemo erfolgen. Meine Rückenschmerzen und mein ganzer Körper sendeten nur noch Hilferufe. Schlafmangel, Zerstörte Zellen, Herzrasen, Angstzustände, Übelkeit, Schmerzen im kompletten Bauchraum waren Tag und Nacht anwesend und so stellte ich mir  vermehrt die Frage, ob ich noch eine Chemo überstehe. Ich teilte meine Bedenken in der Tagesklinik mit und bestellte unter Vorbehalt das Medikament für die letzte Chemoterapie. Am Mittwoch sagte ich dann ab und man legte mein Abschlussgespräch auf den Donnerstag anstatt der Chemotherapie fest.

Schmerzgeplagt fuhr ich in die Klinik und musste noch ungef. 10 Minuten warten, unruhig lief ich im Warteraum umher. Sitzen, Gehen oder auch Stehen war nicht mehr möglich. Als ich dann die Zeit zum Sprechen gehabt hätte, war mein Körper mit Schnappatmung vor Schmerzen beschäftigt.

Die Ärztin schaute mich fragend an und fragte mich dann: „haben Sie heute schon Schmerzmittel genommen und wenn ja, wieviel?“ Sie wartete meine Antwort ab und ging dann raus um mir 2 x 400 Ibuprofen zu holen. Ich nahm die Tabletten, aber ich bekam von dem Gespräch nichts mit. Ich war so in meiner Schmerzwelt gefangen, dass ich nur Ihren verstörten Gesichtsausdruck vor meinem Auge in Erinnerung erhalten habe. Wir verabschiedeten uns und ich versuchte irgendwie im Taxi zu überleben.

Vorletzte Chemo

2 Tage später war wieder Chemo und ich freute mich schon fast auf die Nebenwirkungen, die mir eine kurzfristige Schmerzimmunität bescheren würden. Doch diese Vorfreude wurde schnell getrübt.

Die Tür ging auf und ein Arzt kam zu mir, er war jung und wirkte im Geiste mit etwas anderem Beschäftigt zu sein. Mir graute schon bei dem Gedanken, dass dieser Arzt bei meinen ach so tollen Venen gleich die Braunüle für die Infusion legen sollte. Ich hasse es, wenn ich Recht habe. Er lächelte aufmuntern, wobei er sich wohl eher aufmuntere als mich. Ich dachte mir noch, soll ich Ihm jetzt Mut zu sprechen, weil es ist ja meine Vene, die er gerade durchsticht. Doch bevor ich etwas sagen konnte, zog er die Nadel etwas zurück und änderte den Winkel und dann nochmal zurück um dann auch noch die Richtung zu ändern. Es brannte und ich wusste, dass er sie zerstört hatte. In diese Vene würde er heute keine Braunüle mehr legen könnte. Dann war er einem Blick auf meinen anderen Arm, doch der war noch im Thrombosestrumpf und ich schüttelte den Kopf. Dann nahm er sich meine Hand, „Oh Sie haben Rollvenen!“ aber das sollte gehen und kippte die Hand nach unten um die Vene am Handrücken zu spannen. Er stach zu und ein brennender Schmerz entstand an der Stelle an der in der Vene war. Er schob die Braunüle noch tiefer rein und in dem Moment hasste ich alles in diesem Raum, an meiner Situation, mein gegenüber und Wuttränen wollten aus mir hervorbrechen. Doch ich blinzelte Sie weg, ich wollte auf garkeinen Fall jetzt hier rum heulen. Er machte alles fertig und der Vorlauf wurde angeschlossen. Ich war alleine und jetzt konnte ich mein Selbstmitleid gepaart mit Rückenschmerzen und Handschmerzen nicht mehr unterdrücken. Ich begann zu schluchzen und aus Scharm vor dieser Schwäche zog ich meine Mütze übers Gesicht und gab mich kurz der Situation hin.

Die Schwester die in dem Raum Dienst hatte, ignorierte mich, wofür ich Ihr sehr dankbar war. Doch der Tränenstrom wollte nicht versiegen und so hielt mein emotionaler Ausbruch 5 Minuten an.

Ich versuchte mich zu beruhigen und hoffte, dass die Schmerzen und die negative Stimmung gleich vom schmerzstillenden Vorlauf weggetragen werden würde. Doch ich war an diesem Tag einfach zu nah am Wasser gebaut und das sagte ich auch, als mich die Schwester aufmunternd mit „ Geht’s wieder Frau Mayer ansprach?“ Auch diese Chemo sollte sich nicht von der die Woche zu vor unterscheiden und so verging noch eine Woche mit Übelkeit, Hitzewallungen, Schmerzen und dem tiefen Loch in dem ich mich befand. Diese Hilflosigkeit war mein größter Feind und ohne medizinisches Wissen findet man hier leider auch nicht einfach die Antwort auf seine ganzen Ängste und Warnsignale.